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Interview mit Bernd Heller

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"...die Entwicklung von Fußballvereinen hin zu einer „Marke“ machen mir diesen Sport mehr und mehr fremd."

Bernd Heller moderierte von 1980 bis 1993 das aktuelle Sportstudio im ZDF. Er sprach mit uns unter anderem über die legendäre Sendung, als die Kölner Daum und Lattek sich mit Hoeneß und Heynckes von Bayern München in einer Form duellierten und beleidigten, wie man es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wohl nicht für möglich gehalten hätte.


von Mario Gailing


Bernd Heller, Sie haben von 1980 bis 1993 das aktuelle Sportstudio im ZDF moderiert. Obwohl Sie bei den Zuschauern sehr beliebt waren, gab es Probleme mit dem Sender. Wie kam es zu dem Abschied?
Das Sportstudio habe ich nicht freiwillig verlassen, das ZDF wohl. Aber beides hängt eng miteinander zusammen. Die Gründe haben sich im Laufe der Jahre herauskristallisiert. Sie werfen kein gutes Licht auf das ZDF. Ich habe aber kein Interesse, diese posthum noch irgendwie in die Öffentlichkeit zu tragen. Das ist Schnee von gestern.


Wie zufrieden waren und sind Sie mit Ihren Nachfolgern?
Da gibt es Licht und Schatten. Ein wirkliches Urteil traue ich mir nicht zu. Das liegt daran, dass ich heute das Sportstudio nur noch sporadisch sehe.

Was macht und machte das aktuelle Sportstudio so erfolgreich? Viele Kritiker sagten bereits vor Jahrzehnten ein nahes Ende der Sendung voraus.
1963 war das aktuelle Sportstudio Avantgarde, später Trendsetter. Das hatte damit zu tun, dass die Macher des Sportstudios in den sechziger Jahren bis Anfang der Neunziger die Chance hatten, in einer bis dahin nicht bekannten Weise über Sport zu berichten. Das ist heute im digitalen Zeitalter mit einer fast monothematischen Sendung nicht mehr möglich.


Wissen sie noch wer die Gäste in Ihrer ersten Sendung waren?
An einen Gast erinnere ich mich noch ganz genau. Das war Dieter Hoeneß.

Die wohl legendärste Sendung moderierten Sie 1989, als Christoph Daum, Udo Lattek, Jupp Heynckes und Uli Hoeneß stritten und beleidigten, wie man es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wohl nie mehr gesehen hat. Haben Sie im Vorfeld mit dieser Eskalation gerechnet?

Mit Konfrontation ja, aber nicht mit dieser Eskalation.


Wie ist es Ihnen gelungen diese vier Gesprächspartner in Ihre Sendung zu locken?
Diese Konstellation war für jeden Sportfan angesichts der damaligen Tabellensituation mit dem 1. FC Köln und dem FC Bayern, sowie der personellen Konstellation mit Uli Hoeneß/Heynckes auf der einen Seite und Daum/Lattek auf der anderen Seite, naheliegend. Ich habe oft und gerne in meiner Zeit als Sportreporter versucht, Dinge zu realisieren, die augenscheinlich kaum realisierbar erschienen. Es ist halt geglückt.


Das mediale Echo war riesig. Hat Sie das Verhalten der Streithähne gefreut oder war es Ihnen unangenehm?
Das war sehr zweischneidig. Selbst in der Sportredaktion des ZDF – das zeigte sich in unserer Montagskonferenz – gab es zwei Lager. Die einen fanden es großartig, die anderen degoutant.

 
Ergreift man in dieser Situation als Moderator unterbewusst Partei?
Keineswegs.


Wie bekamen Sie die Eskalation wieder in den Griff?
Ich hatte nur in einem Moment Sorge, dass die Sache mir aus den Händen gleiten könnte. Das war der Punkt, an dem die Zuschauer spontan „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ sangen. Das hat sich aber dann von alleine erledigt, ohne dass ich als Moderator irgendetwas unternehmen musste. Vielleicht war es ganz gut, dass ich in solchen Dingen in der Regel sehr ruhig und gelassen bin.


Welche weiteren Szenen oder Interviews sind Ihnen noch besonders gut im Gedächtnis?
Na ja, die Szene mit den Lederhosen. Das hatte es im Sportstudio ja so auch noch nie gegeben.


Wenn Sie eine Rangliste Ihrer Gäste im aktuellen Sportstudio erstellen müssten, wie würde Ihre Top 5 aussehen?

Das ist für mich nach rund 30 Jahren doch sehr schwierig. Es gab eine Konstellation die einzigartig war. Fritz Walter, Franz Beckenbauer, Uwe Seeler – die drei damaligen Ehrenspielführer der Fußballnationalmannschaft in einer Sendung! Besonders beeindruckt haben mich auch die damaligen Stars der Leichtathletik-Szene, allen voran Carl Lewis. Aber auch – und das mag ein wenig befremdlich sein – Schachweltmeister Garri Kasparow, eine sehr beeindruckende Persönlichkeit.


Gab es Gäste, die Ihnen unangenehm waren?

Es gab mal einen Medizinprofessor, der Einzelheiten des Dopings über die Bodybuilder-Szene berichten wollte. In der Sendung verlor er, trotz insistierender Fragen meinerseits, darüber kein Wort!


Hatten Sie ein Moderatorenvorbild?

Nein.


Damals waren die Sportler deutlich offener und nicht so sehr gesteuert in Ihren Aussagen. Warum ist heute kaum noch ein interessantes und emotionales Gespräch möglich?

Da muss man differenzieren. Von Fußballern erfährt man in Interviews in der Regel nichts Neues. Bei Sportlern aus anderen Sportarten kann das auch heute noch sehr wohl gelingen.


Hatten oder haben Sie einen Lieblingsverein?

VfB 1900 Gießen – nach der Insolvenz: FC Gießen. Wirklich erklären kann ich das auch nicht. Ich bin in Gießen aufgewachsen und war Mitglied dieses Vereins. Immerhin bin ich als Zwölfjähriger mit dem Fahrrad 60 km hin- und zurückgefahren, um ein Auswärtsspiel des VfB 1900 Gießen zu sehen.


Haben Sie eine Erklärung dafür, dass so viele Traditionsvereine keine Rolle mehr im Profifußball spielen oder in finanzielle Schieflag geraten sind?
Das hat vor allem zwei Gründe. Einmal wird der Profifußball von der Wirtschaftskraft des jeweiligen Vereins und seiner Region dominiert, zum anderen liegt es am Management. Da gibt es sehr gute, aber auch sehr schlechte.


Die Kommerzialisierung schreitet immer weiter voran. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Das ist der Lauf der Zeit.


Viele Fußballfans sind Fußballromantiker und wünschen sich die „guten, alten Zeiten“ zurück. Waren die ersten 30-35 Jahre der Bundesliga wirklich so viel schöner oder glorifiziert man die alten Zeiten einfach?

Da ich selber Leistungssportler war, imponiert mir der Fußball mit seiner heutigen Athletik, Technik und Geschwindigkeit sehr. Die damit einhergehenden Begleiterscheinungen wie Kommerzialisierung und fragwürdige Fanbegleitung, was übrigens schon in den siebziger Jahren begann, sowie die Entwicklung von Fußballvereinen hin zu einer „Marke“ machen mir diesen Sport mehr und mehr fremd.


Vergleichen Sie bitte die Fußballer von vor 30 Jahren mit den heutigen Spielern. Wo sehen Sie die größten Unterschiede?

Heute sind es einfach bessere Fußballer. Früher hingegen war viel mehr Herzblut dabei.


Es gibt viele Fußballprofis früherer Tage, die nach der Karriere abgestürzt sind und nur sehr langsam oder gar nicht mehr auf die Beine gekommen sind. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Neben einigen Box-Größen der fünfziger und sechziger Jahre waren die Fußballer wirklich die ersten, die von heute auf morgen einen Haufen Geld an ihrer Seite hatten. Damit umzugehen ist für niemand einfach. Berater, die es wirklich ernst meinten und auch das nötige Rüstzeug dafür hatten, gab es so gut wie noch nicht.



Zum Abschluss würde ich Ihnen gerne ein paar Namen nennen und Sie darum bitten in aller Kürze aufgrund ganz persönlicher Erfahrungen zu beschreiben, was Ihnen zu den Personen als Erstes einfällt.
Franz Beckenbauer: Fußballerisch seiner Zeit weit voraus.
Otto Rehhagel: Inbegriff des Profifußballers der ersten Stunde – sich selbst treu geblieben bis in die letzten Tage seiner Trainerlaufbahn.
Dieter Kürten: Sehr netter Kollege, mit dem ich mich heute noch gerne zum Essen treffe.
Uli Hoeneß: Er ist ein Visionär und überschreitet auch schon gern mal „rote Linien“.




Die Kurzfassung, sowie das komplette Streitgespräch im Video, findet ihr hier:

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