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Interview mit Hans-Peter Briegel

"Maradona schickte mir bis 2005 jedes Jahr eine Weihnachtskarte."

Hans-Peter Briegel, dem allgemeinen Fußballfan als "die Walz aus der Pfalz" bekannt, erzählte uns von seiner Zeit beim FCK, dem sensationellen Meistertitel mit Hellas Verona und einem Angebot von Real Madrid. Außerdem klärte er uns auf, warum in Albanien Kinder mit Vornamen Briegel heißen.

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von Mario Gailing
Herr Briegel, Sie haben für den 1. FC Kaiserslautern, Hellas Verona und Sampdoria Genua gespielt. Wo hat es Ihnen persönlich am besten gefallen?
Das kann man so pauschal nicht sagen. Kaiserslautern war sicher toll. Es ist ja meine Heimat. Aber Verona war auch super, gerade durch die italienische Meisterschaft, die wir gewonnen haben.

Sie waren in der Startelf im größten internationalen FCK-Spiel aller Zeiten gegen Real Madrid 1982, als Sie die Königlichen mit 5:0 nach Hause geschickt haben. Im Hinspiel setzte es eine 1:3-Niederlage. Ihr ehemaliger Mitspieler Michael Dusek sagte mir in unserem Interview, dass die Mannschaft nicht mehr an ein Weiterkommen geglaubt hat. Wie haben Sie das damals empfunden?
Ich habe das damals ganz anders empfunden. Als wir in Madrid kurz vor Schluss den 1:3-Anschlusstreffer erzielt haben, hatte ich das Gefühl, dass wir dieses 2:0, welches ja im Rückspiel gereicht hätte auch wirklich erreichen können. Dieser Treffer war ein richtiger Heißmacher für mich. 

Glauben Sie, dass der 1. FC Kaiserslautern noch einmal in der Bundesliga zu sehen sein wird oder dass die Lichter bald ganz ausgehen?
Man darf die Hoffnung nie verlieren. Durch diese Corona-Krise wird sich auch der Fußball in Zukunft verändern. Vielen anderen Vereinen steht das Wasser spätestens nach der Corona-Zeit auch bis zum Hals und man muss abwarten, wie sich der Fußball bis dahin entwickelt.

In Kaiserslautern wurden Sie zum Publikumsliebling und Nationalspieler. Ist es Ihnen schwer gefallen nach Italien zu wechseln? Und wie kam es zu diesem Wechsel?
Wir erreichten in der Saison 1983/84 mit dem FCK nur den 12. Tabellenplatz und waren wirklich schwach. Die Fans waren unzufrieden und alles fühlte sich irgendwie ausgelutscht an. Ich war schon 28. Die BILD berichtete auch schon, dass ich langsam am Ende angekommen sei und körperlich kaputt wäre. Der SSC Neapel meldete sich und wir verhandelten. Ich habe Udo Sopp, den damaligen Präsidenten des FCK informiert. Der Verein hatte schon damals massive finanzielle Probleme. Neapel entschied sich für den Kauf von Maradona und somit war das Thema vom Tisch. Als ich mich im DFB-Trainingslager zur EM 1984 in Frankreich befand meldete sich Hellas Verona. Wir verhandelten im Mannschaftshotel und alles ging ganz schnell. Insgesamt bekam der FCK eine Ablöse von 3,1 Millionen DM zugesichert, was damals schon richtig viel Geld für einen Verein war.

Sie holten 1985 die italienische Meisterschaft mit Hellas Verona und wurden im gleichen Jahr als erster im Ausland spielender Spieler Fußballer des Jahres in Deutschland. Was hat Ihnen diese Auszeichnung bedeutet?
Ganz ehrlich, ich wusste damals gar nicht, dass Spieler, die im Ausland spielten für diese Wahl zugelassen waren und war überrascht, als mich ein Kicker-Redakteur im Trainingslager in Südtirol über das Wahlergebnis informierte. Genauso überraschend war für mich, dass der Vorsprung vor dem Zweiten so enorm war.

In Verona werden Sie bis heute verehrt. Ein Freund von mir ging vor einigen Jahren im FCK-Trikot in Verona essen und wurde vom Wirt, der ein großer Fan von Ihnen ist eingeladen. Alles ging aufs Haus. Sind Sie gelegentlich noch in Verona und spüren Sie diese Zuneigung noch immer?
Ja, ich bin auch mindestens zweimal jährlich in Verona und werde auch von Fanclubs eingeladen. Ich treffe mich dann auch mit ehemaligen Mitspielern und es sind immer gemütliche Abende. Es gibt sogar eine WhatsApp-Gruppe ehemaliger Verona-Spieler, wo man sich ganz regelmäßig schreibt. Wir hatten damals einen sehr kleinen Kader und im Meisterjahr wurden nur 14 Spieler eingesetzt, was den Titelgewinn noch besonderer machte.

Mit Sampdoria Genua wurden Sie dann zum Abschluss Ihrer Spielerkarriere Pokalsieger. Fiel es Ihnen schwer von der großen Bühne zu steigen?
Nein, das war überhaupt kein Problem. Ich war damals total ausgepowert und leer. Es gab viele Angebote, aber ich wollte keinen Vertrag mehr unterschreiben, weil ich meine Leistung einfach nicht mehr abrufen konnte. Das wäre nicht fair gegenüber dem Verein gewesen.

Sie standen mit der Nationalmannschaft in drei Endspielen. 1980 wurden Sie in Rom Europameister. 1982 und 1986 verloren Sie die WM-Endspiele in Madrid gegen Italien und in Mexiko-City vor weit mehr als 100.000 Zuschauern gegen Argentinien. Was fühlt man als Spieler vor und während solcher Spiele?
Ich war leicht angespannt, aber überhaupt nicht besonders nervös. Ich habe immer mein Bestes gegeben, egal in welchem Spiel. Der erste Ballkontakt war wichtig. Danach merkte ich, ob es gut oder weniger gut laufen würde.

Sie haben in der Nationalmannschaft und in der Serie A mehrfach gegen Diego Maradona gespielt. Erzählen sie uns doch einmal von ihm als Gegenspieler.
Er hat mich sehr geschätzt, weil ich immer fair gespielt habe und wir fair miteinander umgegangen sind. Bei der gemeinsamen Dopingkontrolle nach dem WM-Endspiel 1986 gab ich ihm ein alkoholfreies Bier, damit er schneller pinkeln konnte. Bis 2005 habe ich jedes Jahr eine Weihnachtskarte von ihm persönlich bekommen.

Gab es Mitspieler, die Sie besonders beeindruckt haben? 
Ja, das war definitiv Rudi Völler. Er hatte Weltklasse-Format. Auch Rüdiger Abramczik war super. Die Beiden waren auch meine unbequemsten Gegenspieler.

Welcher Ihrer Trainer hat am meisten Eindruck hinterlassen? 
Das waren Kalli Feldkamp, mit dem ich vor einigen Wochen noch telefoniert habe und Osvaldo Bagnoli bei Verona.

Glauben Sie, dass Sie in Ihrer Karriere alles richtig gemacht haben oder gab es Dinge, die Sie heute anders machen würden?
1982 hatte ich ein Angebot von Real Madrid. Ich habe damals abgesagt. Vielleicht hätte ich es annehmen sollen. Auf der anderen Seite wäre ich dann wahrscheinlich nicht bei Hellas Verona gelandet. Also war es doch gut so wie es war. Als Trainer hätte ich bei Besiktas Istanbul verlängern sollen. Damals wollte der Verein nicht mit meinem Co-Trainer verlängern, weshalb ich auch keinen neuen Vertrag unterschrieben habe. Und als Nationaltrainer von Albanien habe ich auch ein neues Angebot bekommen, habe aber abgelehnt.

Welches war das schönste Stadion, in dem Sie je gespielt haben?
Das war das alte Maracana Stadion, wo mehr als 200.000 Zuschauer Platz fanden. Und das Azteken Stadion in Mexiko war auch toll.

Gehen Sie in Ihrer Freizeit noch ins Stadion? 
Ich war letztens in Frankfurt beim DFB-Pokalspiel und gehe auch immer auf den Betzenberg, wenn ich zu Hause bin.

Als Sie Sportlicher Leiter in Kaiserslautern waren gab es 1997 einen großen Krach mit dem damaligen Trainer Otto Rehhagel. Haben Sie sich inzwischen versöhnt?
Das ist lange verjährt. Wir haben inzwischen ein ganz normales, ordentliches Verhältnis.

Jahre später trafen Sie als Nationaltrainer Albaniens auf den damaligen Europameister Griechenland mit Trainer Otto Rehhagel. Sie besiegten den Erzfeind und waren spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Legende in Albanien. Ist an der Geschichte, dass daraufhin viele Albaner ihre Söhne mit Vornamen Briegel nannten tatsächlich etwas dran?
Es stimmt schon, dass es in Albanien Menschen gibt, die mit Vornamen Briegel heißen. In Albanien kann man seine Kinder nennen wie man will. Allerdings hat das nicht unbedingt etwas mit meiner Zeit als Nationaltrainer zu tun, sondern hat seinen Ursprung viel früher, als wir mit der Nationalmannschaft Anfang der 80er in Albanien gespielt haben. Viele Menschen in Albanien verehrten die deutsche Mannschaft und nannten ihre Söhne nicht nur Briegel, sondern auch Schuster oder Rummenigge.

Spielerstationen:
1975 - 1984 1.FC Kaiserslautern
1984 - 1986 Hellas Verona               -          Italienischer Meister
1986 - 1988 Sampdoria Genua        -          Italienischer Pokalsieger

72 A-Länderspiele für Deutschland  -          Europameister 1980, Vize-Weltmeister 1982 und 1986

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