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Interview mit Peter Lux

"Ich habe mich krankschreiben lassen, weil ich ihn nicht mehr sehen konnte."

Peter Lux schrieb Fußball-Geschichte, weil er nach dem Mauerfall als erster Westdeutscher in den Osten wechselte. Bevor er zu Dynamo Dresden wechselte, spielte er für Waldhof Mannheim, Eintracht Braunschweig und den Hamburger SV. In unserem Gespräch hat er unter anderem mit dem Gerücht aufgeräumt, er hätte Hemden aus dem Westen überteuert an seine Mitspieler in Dresden weiterverkauft.

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von Nico Petrowsky


Peter Lux, bevor wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen, möchten wir gerne wissen was Sie im Anschluss an ihrer Karriere gemacht haben und heute beruflich machen?

Nachdem ich mit dem Fußball aufgehört hatte, haben wir ein Sportgeschäft übernommen. Irgendwann haben wir das Geschäft geschlossen und ich bin meinem anderen Hobby nachgegangen und bin Golflehrer geworden.


Kommen wir zu ihrer Karriere. Sie sind bereits als Jugendlicher zu Eintracht Braunschweig gekommen. Wann haben sie ihren ersten Profivertrag bekommen und wie liefen die Verhandlungen ab?

An die Verhandlungen kann ich mich gar nicht mehr wirklich erinnern. Mir wurde gesagt, was ich verdiene und das wars. Bei meinem ersten Vertrag war ich noch in der A-Jugend und habe im Amateurkader der Profimannschaft gespielt. Mit dem Aufstieg habe ich dann meinen Vertrag bekommen.


Können Sie sich noch daran erinnern, wie sie mit ihrem ersten Profigehalt umgegangen sind?

Nein, aber ich habe auch nichts Dramatisches damit gemacht. Ich habe es nicht auf den Kopf gehauen. Es war für einen 18-Jährigen schon ordentliches Geld, aber jetzt nicht so viel, dass ich mir direkt ein Auto hätte kaufen können.


Haben Sie parallel eine Ausbildung gemacht oder haben sie alles auf die Karte Profifußballer gesetzt?

Ich habe Einzelhandelskaufmann gelernt. Ich wusste ja auch gar nicht, ob ich mal einen Vertrag bekomme. Klar wollte ich irgendwann Bundesliga spielen, aber trotzdem konnte ich nicht davon ausgehen, dass meine Zukunft im Profifußball liegt.


Als 18-Jähriger sind Sie vor 20.000 Zuschauern im Stadion an der Hamburger Straße zum ersten Mal in der Bundesliga eingewechselt worden. Haben Sie sich zu diesem Zeitpunkt bereit für diesen Schritt gefühlt?

Ja, ich hatte schon das Selbstvertrauen. Wenn man die Stationen davor mitgemacht hat und auch mal bei den Profis mittrainiert hat, dann kann man schon abschätzen, was die anderen können und was man selbst kann. Damals war es auch noch eine andere Zeit. Es gab viele ältere Spieler. Aber von meinem Gefühl her war ich nicht schlechter als die meisten anderen.


In den ersten beiden Jahren unter Uli Maslo war die Anzahl Ihrer Einsätze überschaubar. Hatten Sie die Befürchtung, dass es nicht reichen könnte, um ein erfolgreicher Profifußballer zu werden?

Eigentlich nicht, ich war noch relativ jung. Ich hatte da nie ein schlechtes Gefühl und habe auch ab und an meine Einsätze bekommen. In meinem ersten Spiel von Anfang an habe ich auch direkt ein Tor erzielt. Zuerst war ich rechter Verteidiger, dann mal linker Verteidiger. Die Hauptsache war, dass ich auf der Außenbahn schön rauf und runter gelaufen bin. Erst später hat es sich dann entwickelt, dass ich ins Mittelfeld gekommen bin.


In der Saison 1983/84 übernahm Aleksandar Ristic als Trainer die Eintracht. Unter ihm haben Sie den Durchbruch geschafft und waren Leistungsträger. Worin lag der größte Unterschied zwischen Maslo und Ristic?

Bei Ristic habe ich im Mittelfeld gespielt. Ich konnte da viel nach vorne machen, was mir gut lag. Er hat mich immer spielen lassen, aber mir auch notwendige Pausen gegönnt. Man ist über das Training eben irgendwie da reingekommen und hat mit jedem Spiel mehr Selbstvertrauen getankt.


Ristic galt als harter Hund mit einem schwierigen Charakter. Gleichzeitig wurde viel über ihn gelacht und man hatte das Gefühl, dass er sich vor seine Spieler stellt. Wie haben Sie ihn erlebt?

Dass er ein harter Hund war, hat man schon im Training gesehen. Er hat in der Vorbereitung wirklich gut Gas gegeben. Er hatte aber seine Meinung vom Fußballspielen und da gab es auch keine zweite Meinung. Trotzdem war er immer umgänglich. Ich kann nichts Schlechtes über ihn sagen. Er hat immer gutes Training gemacht. Wir sind viel gelaufen, hatten aber auch viel Spaß. Damals hat der Trainer zusammen mit dem Co-Trainer noch das ganze Training alleine vorbereitet.


Nachdem Braunschweig 1985 abgestiegen ist, sind Sie zum HSV gewechselt. Hatten Sie noch andere Angebote?

Den Vertrag hatte ich schon relativ früh unterschrieben. Das hatte also nichts mit dem Abstieg von Braunschweig zu tun. Ich habe damals die Möglichkeit gehabt, bei einem der besten Vereine der Bundesliga zu spielen. Ich hatte tatsächlich auch noch andere Angebote, z.B. von Frankfurt. Für mich war das aber nicht relevant, weil ich ehrlichgesagt schon immer nach Hamburg wollte. Ich habe mir die anderen Angebote gar nicht mehr angehört. Wenn man die Chance hat zu einem mehrmaligen Deutschen Meister und Europapokalsieger zu wechseln, bei dem Günter Netzer Manager und Ernst Happel Trainer sind, dann ist man als junger Spieler schon überwältigt.


In Hamburg spielten Größen wie Felix Magath, Ditmar Jakobs, Manni Kaltz oder Uli Stein. Wie wurden Sie in diesem Starensemble aufgenommen?

Ganz normal. Ich hatte genug Selbstvertrauen und habe das auch gezeigt. Ein Verein wie der HSV war aber schon nochmal eine andere Hausnummer.


Mit Ernst Happel hatten Sie einen Trainer, der in Hamburg durch zwei deutsche Meisterschaften und dem Gewinn des Europapokals der Landesmeister zur Trainer-Legende wurde. Was können Sie uns über ihn und seine Methoden erzählen?

Happel war einfach eine Autorität. Er hat auf so viele Details geachtet und konnte dann in der Halbzeit immer perfekt reagieren. Wenn Happel gerufen hat, dann hat sich da auch jeder Spieler umgedreht. Er hatte einfach enormen Fußballsachverstand und eine riesengroße Ausstrahlung und war dabei aber auch immer witzig. In den ersten sechs Wochen habe ich, wenn es hochkommt, vielleicht zwei Minuten mit ihm gesprochen. Bei manchen Ausdrücken von ihm wusste ich manchmal gar nicht, was er von mir wollte. Da musste ich am Anfang viel nachfragen und mich an den Anderen orientieren.


1987 haben Sie den DFB-Pokal gegen die Stuttgarter Kickers gewonnen. Warum sind Sie nach diesem Erfolg und der Vizemeisterschaft vom großen HSV zu Waldhof Mannheim gewechselt?

Felix ist Manager geworden. Und entweder Thomas Kroth oder ich sollten verkauft werden. Beim HSV spielte ich eigentlich nicht wirklich gut. Durch eine Verletzung von Manni Kaltz habe ich dann plötzlich gespielt und auch direkt ein Tor geschossen. Dadurch bin ich reingerutscht und hatte einige gute Spiele. Dann kam die Anfrage aus Mannheim, die mich zwei Jahre vorher auch schonmal angefragt hatten. Das Angebot war gut und ich wollte dann auch nicht ewig warten.


Mit Mannheim mussten Sie in Ihrer ersten Saison in die Relegation, um in der Bundesliga zu bleiben. In verrückten Spielen gegen Darmstadt 98 konnten Sie letztendlich im dritten und entscheidenden Spiel im Elfmeterschießen die Klasse halten. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Relegation? 
Wenn Zimmermann den einen Elfmeter von Darmstadt nicht hält, sind wir abgestiegen. Am Ende waren wir da schon alle ziemlich angespannt. Relegation ist eben auch keine einfache Nummer. Wir waren zu Hause immer recht solide, aber auswärts hat es ein wenig gehapert


Sie waren nicht nur Siegtorschütze im zweiten Spiel, sondern sind auch im Entscheidungsspiel als Erster im Elfmeterschießen zum Punkt gegangen. Welche Gedanken gingen Ihnen auf dem Weg dorthin durch den Kopf?

Eigentlich gar nichts. Ich war ein Schütze, der recht zuverlässig getroffen hat. Einmal habe ich den Fehler gemacht, dass ich mich im UEFA-Cup beim HSV mal gedrückt habe. Ich wusste, dass in der Relegation jeder platt war und da habe ich einfach Verantwortung übernommen. Nachdem ich geschossen hatte, bin ich auch erstmal in die Kabine und habe mir das Ganze von der Seite aus angeguckt. Das ging schon an die Nerven.


Zwei Jahre später konnte Waldhof den Abstieg nicht mehr verhindern. Sie sind daraufhin als erster West-Profi in die DDR zu Dynamo Dresden gewechselt. Was hat Sie im Osten erwartet und was waren die gravierendsten Unterschiede zum Westen?

Da war eigentlich alles gravierend. Wenn man heute nach Dresden wechselt, ist das wie ein Wechsel in jede andere Stadt auch. Aber damals, kurz nach der Wende, hat man das schon extrem gemerkt. Wir hatten so ein kleines Zweiraumappartement ohne Telefon und alles. Im Herbst gab es dann ein Angebot von Hertha BSC und ich wollte meinen Vertrag in Dresden kündigen, aber an dem Tag war niemand in der Geschäftsstelle. Ich habe dann von meinem Schwiegervater erfahren, dass Braunschweig mich auch zurückhaben wollte. Dann bin ich nicht mehr nach Berlin, sondern direkt nach Braunschweig gefahren. Ich wollte sowieso zurück, weil meine Frau hochschwanger war und ich habe mich in Braunschweig sehr wohl gefühlt.


Wie haben Sie die Mitspieler und vor allem die Zuschauer in Dresden empfangen?

Die Jungs waren alle ganz normal. Ich konnte den Hans-Uwe Pilz dort allerdings nicht ersetzen, weil ich ein ganz anderer Typ war. Ich habe dann schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist.


Dynamo-Ikone Ralf Minge erzählte einst, dass Sie Ihren Mitspielern Hemden in der Dynamo-Kabine für 40 DM verkauften, die Sie im Westen für 10 DM eingekauft haben. Hand aufs Herz, wie war das damals?

Ich kannte in Braunschweig eine Boutique und da gab es eben Seidenhemden. So eins hatte ich mal an, als ich ins Training gekommen bin. Da hat mich dann der ein oder andere angesprochen und ich habe gesagt, dass ich schaue, was ich machen kann. Ich habe die dann geholt, aber ich habe nichts daran verdient.


In Braunschweig beendeten Sie 1993 Ihre Profikarriere, nachdem Sie wieder auf Uli Maslo trafen und unter ihm kaum eine Rolle gespielt haben. Würden Sie heute sagen, dass er Ihre Karriere beendet hat? Sie waren gerade einmal 30 Jahre alt, als Sie zum letzten Mal für Eintracht Braunschweig aufliefen.

Das hat keinen mehr Sinn gemacht. Ich bin mit ihm einfach nicht mehr klargekommen und habe mich auch einige Wochen krankschreiben lassen, weil ich ihn nicht mehr sehen konnte. Ich wollte unter ihm nicht mehr spielen und habe gesehen, dass es keinen Sinn mehr macht. Ich habe gemerkt, dass ich keine Chance mehr unter ihm bekomme.


Nun noch ein paar allgemeine Fragen. In welchen Bundesliga-Stadien haben Sie am liebsten gespielt und gab es Stadien, die Sie nicht mochten?

Am besten war Dortmund, da hatten wir zum einen immer gute Ergebnisse und die Atmosphäre war einfach geil. Vom Rasen her war Düsseldorf sehr gut. Bochum war schön oder auch der Betzenberg. Das waren richtige Fußballstadien.


Glauben Sie, dass Sie in Ihrer Karriere alles richtig gemacht haben oder gab es Dinge, die Sie heute anders machen würden?

Wenn man zurückblickt kann man immer sagen, dass man etwas hätte anders machen können. Das kann man schwer beurteilen. Ich bin zum HSV und hier Pokalsieger geworden, das kann nicht jeder Fußballer von sich behaupten. Ich war bei den Olympischen Spielen. Ich denke, die erste Zeit in Braunschweig war sensationell und der Schritt nach Hamburg war gut. Die zweite Zeit in Braunschweig hätte ich mir sparen können, da war ich vielleicht etwas voreilig. Aber im Nachhinein darüber zu philosophieren bringt nichts. Wenn man als junger Spieler einmal die Chance hat zu einem großen Verein zu gehen und etwas zu gewinnen, dann macht man das. Wenn man am Ende mal sagen kann, dass man etwas gewonnen hat, dann ist das schon in Ordnung so, wie es lief.


Zum Abschluss würde ich Ihnen gerne einige Namen nennen und Sie darum bitten, aufgrund persönlicher Erfahrungen etwas zu ihnen zu sagen.

Felix Magath: Geiler Fußballer. Ist auf seiner Position aber immer zu viel gelaufen.

Wolfram Wuttke: Bester Außenristspieler, den ich je gesehen habe.

Ditmar Jakobs: Kindermörder. Wenn man an dem vorbeigeschossen ist im Training, musste man aufpassen, dass er einen nicht einholt. Ansonsten ein super toller Mensch. Eine super Persönlichkeit.




Spielerstationen:

1981 - 1985: Eintracht Braunschweig

1985 - 1987: Hamburger SV

1987 - 1990: Waldhof Mannheim

           1990: Dynamo Dresden

1990 - 1993: Eintracht Braunschweig

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