Ich habe nach der Karriere beim SV Edenkoben versucht als Trainer beruflich Fuß zu fassen und habe in der Entsorgungsfirma des damaligen Sponsors gearbeitet. Nach einem Jahr bin ich wieder in meinen alten Beruf gegangen und habe als Briefträger gearbeitet.
Sie sind 1976 vom VfR Bürstadt zum 1. FC Kaiserslautern gewechselt. Wie wurde der FCK auf Sie aufmerksam und mit wem und wie liefen die Vertragsverhandlungen ab?
Mein Trainer Lothar Buchmann sagte zu Ribbeck, dass er da einen jungen Spieler habe, den sich Ribbeck mal ansehen solle. Wir haben mit Bürstadt auch beim Hessentag gegen den FCK gespielt und scheinbar hat das den FCK-Verantwortlichen gefallen. Bei den Verhandlungen im Dorint Hotel waren dann FCK-Präsident Willi Müller, Udo Sopp und Erich Ribbeck anwesend. Ich hatte meinen Bruder und meinen Onkel mit dabei, weil ich keinen Berater hatte. Müller wollte mir zuerst nur einen Amateurvertrag geben, aber Ribbeck sagte gleich, dass sie mich direkt zum Profi machen sollen.
Wie fühlt sich das an, wenn man als 19-jähriger plötzlich mit Spielern wie Hellström, Pirrung und Toppmöller auf dem Platz steht?
Nach wenigen Wochen war ich einer von ihnen. Es wurde mir sehr leicht gemacht, auch wenn der ein oder andere am Anfang versuchte mich aus zehn Metern zu tunneln. Wir sind dann aber zusammen ins Trainingslager und wenn man tagtäglich gemeinsam trainiert, gehört man schnell dazu. Wer zu viel Respekt oder gar Angst hat, ist in diesem Geschäft fehl am Platz.
Nach vier Jahren beim FCK sind Sie als gestandener Bundesligaspieler zum Hamburger SV gewechselt, wo Sie Ihre erfolgreichste Zeit hatten. Was war ausschlaggebend für den Wechsel?
Ich hatte inzwischen einen Spielerberater, weil ich mich rein auf den Fußball konzentrieren wollte. Der HSV zeigte Interesse und Manager Günter Netzer hat mich einfach überzeugt. Auch der damalige HSV-Trainer Branko Zebec wollte mich unbedingt. Da ich HSV- und Uwe Seeler-Fan war fiel mir die Entscheidung nicht besonders schwer.
Sie haben beim HSV noch zwei Spielzeiten mit Franz Beckenbauer zum Ende seiner Karriere zusammengespielt. Wie war er als Mannschaftskamerad?
Das war riesig. Franz war schon damals ein ganz toller Mensch. Bescheiden, hilfsbereit, ohne Allüren. Ein großartiger Sportsmann mit einer spielerischen Qualität, wie ich sie noch nie erlebt habe. Zum mit der Zunge schnalzen. Beim Kreis, oder wie man heute sagt „5 gegen 2“, ging er manchmal freiwillig in die Mitte, weil er nie einen Fehler gemacht hat und nie in die Mitte gemusst hätte. Ich hatte riesiges Glück, dass ich die größten Persönlichkeiten im Fußball kennen lernen durfte. Neben Franz waren das auch noch Fritz Walter und Uwe Seeler für mich. Menschen mit einer ganz großen menschlichen Qualität.
Mit dem Hamburger SV gewannen Sie den Europapokal der Landesmeister. Im Endspiel gegen Juventus Turin sind Sie auf Weltstars wie Dino Zoff, Michel Platini oder Paolo Rossi getroffen. Waren Sie cool oder macht man sich da schon ein bisschen in die Hose?
Sie haben noch den Polen Boniek vergessen. Ein toller Fußballer. Der Trainer hat versucht uns den Druck zu nehmen. Er hat sogar Witze gemacht, was er eigentlich nie tat. Als es dann losging, hatten wir keine Angst vor dem großen Gegner. Wir mussten uns ja auch nicht verstecken mit Spielern wie Uli Stein, Manni Kaltz, Horst Hrubesch, Felix Magath oder Ditmar Jakobs. Wir hatten nichts zu verlieren. Juve stattdessen hatte schon alles für die Siegesfeier vorbereitet. Das Ergebnis ist bekannt. Man konnte es kaum fassen. So etwas bleibt im Inneren. Die Saison lief noch, deshalb konnten wir nicht richtig feiern. Samstags gings gegen Dortmund, dann zu Schalke und wir wurden mit dem besseren Torverhältnis wieder Meister. Danach ging es weiter mit Freundschaftsspielen, mit denen Vereine damals noch Geld verdient haben.
Sie sind nach fünf sehr erfolgreichen Jahren beim HSV zu Trabzonspor in die Türkei gewechselt. In den 80ern war die türkische Liga eher eine Exotenliga. Was hat Sie an der Türkei gereizt und welche Erfahrungen haben Sie dort gemacht?
Gereizt hat mich erstmal gar nichts. Mein Vertrag lief aus und ich musste schauen, wie es weitergeht. Jürgen Sundermann wurde Trainer bei Trabzonspor und hat angerufen. Menschlich und mannschaftlich habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Es war ein fanatisches, tolles Publikum. Frauen durften nicht ins Stadion. Allerdings wurden vertragliche Dinge nicht eingehalten, um es vorsichtig auszudrücken. Aber es war zu schön, um heute schlecht darüber zu reden. Ich möchte die Zeit nicht missen. Außerdem durfte ich Jupp Derwall, der Trainer bei Galatasaray war, kennen lernen.
Nach dem kurzen Intermezzo in der Türkei ging es zurück zum 1. FC Kaiserslautern. Dort haben Sie 1989 Ihre Profikarriere beendet. Haben Sie es im Nachhinein nicht bereut, da der FCK in den nächsten beiden Jahren Pokalsieger und Meister wurde? Das wäre doch ein krönender Abschluss gewesen.
Mein Vertrag lief aus und ich habe gemerkt, dass kein Interesse vom Verein vorhanden war und auch Trainer Sepp Stabel offensichtlich kein Interesse an einer Vertragsverlängerung hatte.
Sie wurden Deutscher Meister und Europapokalsieger der Landesmeister. Wäre eine Trainerkarriere nicht die logische Konsequenz gewesen?
Ich habe schnell gemerkt, dass es nichts für mich ist. Man muss manchmal als Trainer ein bisschen Arschloch sein und das konnte ich nicht.
Wo hat es Ihnen als Spieler in Ihrer Karriere am besten gefallen?
Das ist unheimlich schwer zu beantworten. In Hamburg hatte ich große Erfolge, die zu der Zeit aber fast als normal angesehen wurden. Als Zweiter war man schon erster Verlierer. In Kaiserslautern wurden Erfolge deutlich mehr gefeiert. Alleine deshalb hätte ich schon gerne mit dem FCK auch Titel geholt.
Ist es Ihnen schwergefallen vom einen auf den anderen Tag von der großen Fußballbühne zu steigen?
Eigentlich gar nicht, da ich nie gerne im Rampenlicht stand. Ich war immer der ganz normale Jürgen Groh. Ich war mit dem was ich erreicht habe sehr zufrieden und wusste, dass es irgendwann vorbei ist.
Glauben Sie, dass Sie in Ihrer Karriere alles richtig gemacht haben oder gab es Dinge, die Sie heute anders machen würden?
Ich würde alles wieder so machen. Ein paar A-Nationalmannschaftsspiele mehr hätten es sein können, aber auch Olympia in Los Angeles mit der Olympiaauswahl war toll.
Gibt es Spiele oder Szenen, die Ihnen immer noch besonders gut im Gedächtnis sind?
Natürlich mein Doppelpack gegen Fortuna Düsseldorf, weil ich eher selten getroffen habe. Auch erinnere ich mich gerne an den 4:3-Sieg bei Bayern München 1982, als wir mit dem HSV schon 1:3 hinten lagen. Der absolute Höhepunkt war aber selbstverständlich das Endspiel gegen Juventus Turin.
Stehen Sie noch mit ehemaligen Mannschaftskameraden in Kontakt oder haben sich gar Freundschaften entwickelt, die Sie heute noch pflegen?
Der Kontakt ist eher gering. Ab und zu telefoniert man mal, wie letztens auch mit Felix Magath. Mit Günter Menges hatte ich noch einige Zeit guten Kontakt. Mit ihm habe ich auch zwei Jahre zusammen gewohnt.
Gehen sie in Ihrer Freizeit noch ins Stadion?
Wenig. Für HSV-Spiele bekommt man kaum noch Karten. In Wiesbaden habe ich mir den HSV mal angesehen. Ab und zu war ich auch in Frankfurt oder Mainz, wenn der HSV zu Gast war.
Verfolgen Sie den Weg Ihrer ehemaligen Vereine noch?
Klar. Mit Herzblut vor allem den FCK. Die 3. Liga konnte man sich nie vorstellen, aber ich verfolge das noch alles. Man wollte mit den Großen pinkeln und das ging nach hinten los. Für mich als junger Spiel war der FCK Gold. Ich habe mich sehr, sehr wohl gefühlt. Fehler waren erlaubt, da hat dich niemand hängen lassen.
Sie hatten Trainer wie Ernst Happel, Erich Ribbeck oder Karl-Heinz Feldkamp. Welcher Ihrer Trainer hat am meisten Eindruck hinterlassen?
Auf jeden Fall Ernst Happel. Ihm konnte man nichts vormachen. Er hatte eine sehr ruhige Art. Die vier gemeinsamen Jahre waren etwas ganz Besonderes.
Gab es Mitspieler, die Sie besonders beeindruckt haben?
Ditmar Jakobs war ein Tier. Super Fußballer und Kamerad. Er hätte einem jeden Wunsch erfüllt. Ein richtiger Typ. Genau wie Horst Hrubesch.
Wer war Ihr unbequemster Gegenspieler?
Da gab es einige Spieler gegen die es nicht schön war zu spielen. Rudi Seliger vom MSV Duisburg zum Beispiel. Gegen ihn wäre ich lieber im Bett geblieben. Auch Popivoda, jugoslawischer Nationalspieler von Eintracht Braunschweig war unbequem, weil er extrem dribbelstark war.
Hatten Sie ein Vorbild als Spieler?
Da würde ich auch am ehesten Ditmar Jakobs nennen. Die Art wie er Fußball gelebt hat und seine Zweikampfstärke waren beeindruckend.
Spielerstationen:
1976 - 1980: 1.FC Kaiserslautern
1980 - 1985: Hamburger SV Deutscher Meister 1982, 1983; Europapokal der Landesmeister 1983