Besuche auch unsere Facebook-Seite mit vielen Bildern, Videos und Berichten von früher!

Interview mit Thomas Zechel

"Erich Ribbeck hat mich zum Abwehrspieler umgeschult."

Thomas Zechel spielte u. a. für Leverkusen, Schalke und Hannover 96. Er hat uns vom UEFA-Cupsieg mit Bayer erzählt und über den Konkurrenzkampf mit dem Millionenmann Cha Bum-kun und Herbert Waas, was am Ende der Grund für seine Umorientierung zum Abwehrspieler war. Reiner "Calli" Calmund nennt er seinen Ziehvater.

Teilen

von Alex Bauer


Thomas Zechel, Sie sind in Berlin geboren, sind aber über die Jugend von Bayer 04 Leverkusen zu der Profimannschaft gestoßen. Was und wer hat sie ins Rheinland gebracht?

Ich bin im damaligen West-Berlin geboren worden und auch dort aufgewachsen. Mit 17 habe ich am Jugendländerpokal teilgenommen und Reiner Calmund hat mich dort entdeckt. Ich bin dann in meinem letzten Jahr A-Jugend zu Bayer Leverkusen gewechselt. Ansonsten habe ich bei Rapid Wedding und Blau-Weiß 90 Berlin in der Jugend gespielt.
 
Früher waren die Hierarchien in Fußballmannschaften ja deutlich ausgeprägter. Wie war das bei Bayer Leverkusen, als Sie als Eigengewächs zu den Profis kamen?
Natürlich gab es auch bei Bayer diese Hierarchien. Ich habe als Jungprofi in meinem ersten Training richtig Gas gegeben und bin dann auch relativ schnell mal weggetreten worden und meterweit durch die Luft geflogen. Fußballerisch hat das alles gut geklappt, aber die „Alten“ haben den Jungen öfter gezeigt, wie der Hase läuft. Es ging ja auch für alle anderen um die Stammplätze. Tore aufbauen, Koffer und Bälle tragen war Sache der jungen Spieler. Da musste niemand mit uns diskutieren oder Anweisungen geben, das war ganz normal. Als junger Spieler musste man zu dieser Zeit wirklich durch eine harte Schule gehen. Eigentlich war das ganz gut, man musste sich durchbeißen und irgendwann ist man dann auch akzeptiert worden.
 
Insgesamt waren Sie fünf Jahre Teil der Profimannschaft von Leverkusen, haben aber „nur“ 70 Ligaspiele bestritten. Was glauben Sie, war ausschlaggebend dafür, dass Sie bei Bayer 04 den endgültigen Durchbruch zum Stammspieler nicht geschafft haben? 
Unter Dettmar Cramer bin ich in Leverkusen gut gefördert worden, aber als junger Spieler hatte ich zwei absolute Granaten vor mir. Erst einmal Bum-kun Cha, der damals für eine Million DM als teuerste Neuverpflichtung der Bundesliga nach Leverkusen gewechselt ist. Er war absolute Spitzenklasse und zu Recht so teuer. Und zum anderen war das Herbert Waas, der später Nationalspieler wurde und nach Italien gewechselt ist. Die beiden waren einfach besser als ich zu diesem Zeitpunkt, so ehrlich muss ich sein. Gegen solche Kaliber war es echt schwer. Erich Ribbeck hat mich zum Abwehrspieler umgeschult und auf dieser Position hatte ich dann größere Chancen zu Einsätzen zu kommen.
 
Im Jahr 1988 waren Sie Teil der Mannschaft, die den UEFA-Cup gewonnen hat. Insgesamt haben Sie zwei UEFA-Cup Spiele bestritten. Davon eines in der Saison 1987/1988, in der Ihr Team den UEFA Cup gewonnen hat. In Toulouse wurden Sie aber bereits nach 22 Minuten ausgewechselt. Würden Sie dennoch vom größten Triumph Ihrer Karriere sprechen?

Und fühlen Sie sich auch als „richtiger“ UEFA-Cup Sieger? 
Natürlich! Ich bin ja bis zum Viertelfinale immer im Kader gewesen. Auch im Halbfinale gegen den FC Barcelona sollte ich spielen, habe mich aber kurz zuvor verletzt. Und danach war es eigentlich rum. Ich als Berliner war halt auch ein kleiner Hallodri. Ein echter Berliner eben, große Klappe und so weiter. Das kam damals nicht an und kommt auch heute noch nicht an. Aber ich bin auf dem Mannschaftsfoto und hatte den Cup in den Händen, daher ist es auch der größte Triumph meiner Karriere. Bayer Leverkusen lädt alle Jubeljahre die siegreiche Mannschaft noch ein und da bin ich immer dabei und freue mich auch auf diese Treffen. Bis heute mein Highlight als aktiver Fußballer.


Nach Ihrer Zeit in Leverkusen sind Sie zur Ligakonkurrenz nach Hannover gewechselt, danach nach Mannheim und darauf zu Schalke. Sie sind jeweils nur eine Saison bei den drei Vereinen geblieben und waren kein Stammspieler, bevor Sie nach Saarbrücken gewechselt sind. Haben Sie in dieser Zeit auch mal an ein Karriereende gedacht und nach Alternativen im Beruf gesucht? 
Hannover war mit Abstand meine schlechteste Zeit, die ich als Fußballer erlebt habe, wahrscheinlich auch weil wir in dieser Zeit viele Trainer und große Unruhe hatten. Danach bin ich in der Winterpause zu Waldhof Mannheim gewechselt, das in der Tabelle zu diesem Zeitpunkt Fünfter war. Trainer Günter Sebert hatte zu dieser Zeit den Trainerschein in der Sportschule gemacht und sein Co-Trainer zur damaligen Zeit hatte die Mannschaft nicht im Griff, sodass wir am Ende der Saison noch abgestiegen sind. Danach bin ich zu Schalke gewechselt in die zweite Liga, da mich Peter Neururer unbedingt wollte. Schalke-Präsident Günter Eichberg entließ Neururer allerdings und verpflichtete Aleks Ristic, obwohl wir unter Neururer sehr erfolgreich waren. Eichberg hatte halt keine Ahnung vom Fußball. Neururer hat mich dann mit nach Saarbrücken genommen.
 
In Saarbrücken waren Sie Stammspieler und Teil der Aufstiegsmannschaft. Würden Sie das rückblickend auch als die schönste Zeit in Ihrer Karriere bezeichnen? 
Die Mannschaft dort war das Beste, was ich je gesehen habe. Toller Zusammenhalt und lauter gute Typen in der Mannschaft. Wir sind beispielsweise mit mehr als 20 Leuten zur Abschlussfahrt aufgebrochen nach der Saison. Auch hat es drumherum für mich gepasst und ich lebe heute noch im Saarland. Das „laissez-faire“ und alles in Saarbrücken hat mir und meiner Frau einfach gut gefallen. Wir sind froh, dass wir hier hängengeblieben sind.
 
Welcher Trainer hat Sie am meisten gefördert und mit wem würden Sie eher kein Bier mehr trinken wollen? 
Ein Hannoveraner Trainer, dessen Name mir nicht mehr einfällt, gehört dazu. Er hat mich dort aussortiert. Und mit Fritz Fuchs gehe ich auch kein Bier mehr trinken, das dürfen Sie gerne auch so schreiben. Erich Ribbeck habe ich in guter Erinnerung, weil er mich als Fußballer auf den Weg gebracht hat. Und Peter Neururer, der später auch noch mein Trauzeuge wurde und ein Freund ist, mit dem ich heute noch in Kontakt stehe. Das hatte aber auch keine Auswirkungen auf das Sportliche, da auch Neururer mich auf die Bank gesetzt hat. 
 

Zu welcher Mannschaft oder in welche Stadt sind Sie nur ungerne gereist und warum?
Das ist wirklich etwas persönliches, aber ich bin einfach nicht gerne nach Bremen gereist. Ich musste öfter freitags abends mit meinen Mannschaften dorthin fahren und wir haben auch meistens verloren. Daher habe ich an Bremen einfach nicht die besten Erinnerungen. Rehhagel wollte mich im Übrigen auch einmal verpflichten und es war wahrscheinlich der größte Fehler meiner Karriere, mich mit dem Wechsel nicht näher zu beschäftigen.
 
Insgesamt haben sie 172 Profispiele bestritten in insgesamt 11 Jahren. Sind Sie zufrieden mit Ihrer persönlichen Bilanz oder würden Sie rückwirkend etwas ändern um mehr Spiele zu bestreiten? 
Im Nachhinein ist man ja immer schlauer und wenn es dann rum ist, weiß man natürlich, dass man Fehler gemacht hat. Ich hätte mir schon mehr gewünscht und denke auch, dass mehr drin gewesen wäre, als die 172 Spiele.
 
Nach dem Ende Ihrer Profikarriere in Saarbrücken wurde es in der Öffentlichkeit eher ruhig um Sie. Wie ging es beruflich für Sie weiter und wie geht es Ihnen heute?
Öffentlichkeit ist und war noch nie mein Ding. Ich habe wirklich gerne Fußball gespielt, aber das Drumherum hat mir noch nie gefallen. Insgesamt habe ich zwei Firmen gehabt und bin dort seit 20 Jahren aktiv. Alles ist gut und aus meiner Sicht habe ich alles richtig gemacht. Ich habe nach dem Ende meiner Profikarriere noch in verschiedenen Amateurmannschaften ausgeholfen und war auch noch Spielertrainer in der Bezirksliga. Das war eine wirklich schöne Zeit und ich habe den Zusammenhalt und die Kameradschaft dort sehr genossen.
 
Ich würde Ihnen zum Abschluss gerne Namen von ehemaligen Weggefährten nennen und Sie bitten, in aller Kürze aufgrund persönlicher Erfahrungen etwas zu ihnen zu sagen: 
Bum Kun Cha

Bomben Typ! Sportlich und menschlich eine Granate. Mein absoluter Favorit, mit dem ich auch immer das Zimmer geteilt habe in meiner Leverkusener Zeit. Wirklich ein toller Kerl. Ich habe in meiner Fußballerzeit keinen besseren kennen gelernt.
 
Wolfgang Rolff
Geiler Typ! Eher ruhig und zurückhaltend, aber ein absoluter Teamplayer, der sich auch immer um die jüngeren Spieler im Kader gekümmert hat. Auf dem 25-jährigen Jubiläum zum UEFA-Cup Sieg haben wir uns noch sehr nett unterhalten.
 
Jens Lehmann
Kam als ganz junger Spieler zu Schalke und ich habe ihn in richtig guter Erinnerung, auch wenn er von der Allgemeinheit anders wahrgenommen wird. Ich bin immer gut mit ihm ausgekommen.


Günter Eichberg
Selbstdarsteller und der sogenannte Sonnenkönig. Wie ich finde, sagt das sehr viel über ihn aus, vielleicht sogar alles. Er dachte immer, er wäre etwas Besonderes und hatte wirklich null Plan von Fußball.
 

Wolfram Wuttke

Ich lernte ihn zum Ende seiner Karriere kennen. Er war ein absolut geiler Typ, aber ne faule Sau im Training und durfte trotzdem immer spielen. Er hatte kein Laufspiel und alle anderen mussten immer für ihn mitlaufen. Das konnte er sich wahrscheinlich rausnehmen, weil er sich auch gut mit Peter Neururer verstanden hat.


Reiner Calmund
Ist so etwas wie mein Ziehvater gewesen im Fußball und wir stehen heute noch in Kontakt. Er wohnt ja jetzt auch im Saarland und war, bzw. ist eine richtige Granate. So wie man ihn aus dem Fernsehen kennt ist er auch privat, er ist einfach so wie er ist! Wir haben heute schon telefoniert.

Teilen

Share by: