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Interview mit Gregor Grillemeier

"Schafstall hat sich ganz schlimm aufgeführt."

Gregor Grillemeier spielte u. a. für Duisburg, Bielefeld und Hertha BSC Berlin. Er hat uns von Trainer-Schikane und fristlosen Kündigungen erzählt, sowie von seinen Problemen mit den Schwaben.

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von Mario Gailing



Gregor Grillemeier, bevor wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen, möchten wir gerne wissen, was Sie im Anschluss an Ihre Karriere gemacht haben und heute machen?
Ich bin seit 26 Jahren selbstständig. Nach meiner Karriere habe ich eine Umschulung zum Datenverarbeitungskaufmann gemacht, aber das hat mir nicht gelegen. Nur im Büro sitzen, das hat einfach nicht zu mir gepasst. Deshalb habe ich 1995 ein Sportgeschäft eröffnet.

Kommen wir zu Ihrer Spielerkarriere. Mit zarten 19 Jahren warf Sie Trainer Rolf Schafstall 1978 ins kalte Wasser Bundesliga. Erzählen Sie uns von Ihrem ersten Bundesliga-Einsatz vor damals 25.000 Zuschauern im Duisburger Wedaustadion gegen Arminia Bielefeld.
In diesem Spiel hätte ich sogar eigentlich von Beginn an spielen sollen, verletzte mich im Training aber leicht. Das war Pech. Ich kam dann aber doch noch rein. Das war eine ganz tolle Sache für mich. Davon träumt man ja als junger Spieler.
 
In Duisburg waren Sie Mannschaftskamerad der MSV-Legende Bernard Dietz. Wie haben Sie die alten Hasen, insbesondere Dietz, oder auch Ditmar Jakobs und Kurt Jara als Jungspund aufgenommen?
Als junger Spieler wird man immer etwas anders gesehen von den etablierten Spielern. Ich hatte in Gladbach einen Vorvertrag und habe bei den Profis mittrainiert. Trotzdem hatten man dort separate Kabinen und wurde größtenteils von den Profis abgeschottet. In Duisburg lief das deutlich besser und man war schnell integriert. Auch die älteren Spieler machten da keine großen Unterschiede.
 
Hatten Sie damals auch einen Plan B in Form einer beruflichen Ausbildung, falls es mit der Karriere nicht geklappt hätte?
Ich habe eine Ausbildung zum Energieanlagenelektroniker absolviert und auf der Hütte gearbeitet. Aber im Schichtsystem war das schwierig mit dem Fußball zu vereinbaren.
 
Schon in Ihrem dritten Spiel für den MSV kamen sie zu einem Einsatz im UEFA-Pokal gegen das von Hans Meyer trainierte Carl Zeiss Jena. Welche Erinnerungen haben sie von der Reise hinter den eisernen Vorhang?
Das war schon ziemlich seltsam dort. Wir standen unter ständiger Beobachtung und durften überhaupt keinen Kontakt zu den Fans dort haben. Gegen Straßburg habe ich auch gespielt. Das war entspannter.
 

Nach diesem Spiel im UEFA-Cup berücksichtigte Sie Trainer Schafstall erst wieder nach einem halben Jahr. Hatten Sie da schon die Befürchtung, dass das mit der Profikarriere nicht funktionieren könnte? Entwickeln sich da sogar Existenzängste?
Schafstall war nicht begeistert davon, dass ich mir ohne Rücksprache mit ihm, einen Gips anlegen ließ, als er in der A-Jugend mein Trainer war. Mir wurde von ärztlicher Sicht dazu geraten und es war meine Gesundheit, um die es da ging. Schafstall hat sich ganz schlimm aufgeführt. Später, als er dann wieder mein Trainer bei den Profis war, hat er mich das lange Zeit spüren lassen und ich war erstmal weg vom Fenster. Er hat mich dann oft zu den weiten Auswärtsfahrten wie nach Budapest mitgenommen, aber nie spielen lassen. In den Heimspielen war ich dann nicht mal im Kader. Reine Schikane. Trotzdem hatte ich nie Existenzängste, weil ich jederzeit in meinen alten Beruf hätte zurückgehen können.
 
In der darauffolgenden Saison haben Sie unter dem neuen Trainer Heinz Höher schnell den Sprung in die Stammelf geschafft. Trotzdem wechselten Sie nach nur einer weiteren Saison, in der Sie auch regelmäßig zum Einsatz kamen, in die zweite Liga zu Rot-Weiß Essen. Warum machten Sie den Schritt zurück?
Ich war kein richtiger Stammspieler und mein Vertrag lief aus. Man wollte mir zwar einen neuen Vertrag anbieten, aber der war wirklich nicht gut. Aleksander Mandziara, der mich als Co-Trainer von Heinz Höher schon beim MSV trainiert hat, hat mich dann zu sich geholt und so bin ich in Essen gelandet. In Essen lief es dann sehr gut. Ich hatte einen Lauf und bereits zehn Spieltage vor Saisonende 17 Tore gemacht. Als man mich deshalb kurzfristig zu Vertragsgesprächen bat, hatte ich bereits einen anderen Termin. Da die Vereinsseite auf den Termin bestand, habe ich gesagt, dass ich nicht ihr Hampelmann bin. Das hat den Herren überhaupt nicht gepasst und mir wurde fristlos gekündigt. Den folgenden Prozess habe ich zwar gewonnen, aber die Sache hat mir geschadet.
 

Für Essen trafen Sie am Fließband und machten auf sich aufmerksam, woraufhin Sie der Bundesligist Arminia Bielefeld unter Vertrag genommen hat. Dort trafen Sie in den ersten sieben Spielen fünfmal. Wie behielten Sie die Bodenhaftung nach dieser rasanten Entwicklung?
Ich war schon immer sehr bodenständig und hatte auch immer die gleichen Freunde. Meine Eltern und meine Frau erdeten mich auch. Das hat alles gepasst. Aber es war wirklich toll. Damals war die Alm in Bielefeld auch immer voll.
 
In der restlichen Saison trafen Sie nur noch zwei weitere Male. Wie erklären Sie sich solche Torflauten generell bei Stürmern?
Es kamen viele Verletzungen dazwischen, aber ich habe immer alles gegeben, auch wenn es nicht so gut lief. Meine Spielweise war sehr intensiv und ich musste sehr viel nach hinten arbeiten. Man wird an Toren gemessen. Die Medien machten auch oft Druck und beurteilten nicht immer objektiv. Vielleicht habe ich zu viel nachgedacht. Manchmal fehlt auch einfach das nötige Glück.
 
Auch in der kommenden Saison trafen Sie acht Mal, waren absoluter Stammspieler und erreichten einen sehr gute achten Platz in der Bundesliga mit der Arminia. Warum gingen Sie erneut in die zweite Liga, dieses Mal zu Hertha BSC Berlin?
Der Vertrag lief aus und das Angebot war schlecht. Nach dem ersten Jahr wollte mich der VfB Stuttgart, aber man ließ mich nicht gehen. Ich war sogar drei Monate arbeitslos, bevor ich bei Hertha BSC unterschrieben habe.
 
Bei der Hertha stellten Sie erneut Ihre Treffsicherheit unter Beweis, konnten aber den Abstieg aus der zweiten Bundesliga nicht verhindern. Heute hat man das Gefühl, dass es den meisten Spielern nicht nahegeht, wenn sie absteigen. Wie haben Sie den Abstieg persönlich erlebt?
Der Abstieg ging mir sehr nahe, da ich mich in Berlin sehr wohl gefühlt habe. Ich war Kapitän. Trainer Rudi Gutendorf war einfach der falsche Mann damals. Man hätte an Uwe Kliemann festhalten sollen. Wir wurden durch den Trainerwechsel zusätzlich verunsichert.
 

Nach dem Abstieg gingen Sie zu Hannover 96, welches Sie in die Bundesliga zurückschossen. Haben Sie nie davon geträumt, für einen Verein zu spielen, mit dem Sie um Titel spielen können?
Natürlich habe ich auch von größeren Vereinen geträumt. Nicht vorrangig wegen der Titel, sondern weil ich gerne in einer Mannschaft gespielt hätte, in der ich nicht so viel nach hinten arbeiten gemusst hätte. Da hätte ich als Stürmer deutlich mehr Freiräume gehabt. Ich war ein Strafraumstürmer. Am Ende hat das Quäntchen Glück gefehlt, dass ich bei einem großen Verein gelandet bin.
 
Nach drei Jahren in Hannover und dem Abstieg aus der Bundesliga wechselten Sie zum Bundesliga-Absteiger Stuttgarter Kickers, wo Sie auch Ihre Karriere beendeten. Auf welcher Ihrer Stationen hat es Ihnen am besten gefallen?
Trainer Saftig hat mich im Mittelfeld spielen lassen, weil man für den Sturm Dieter Schatzschneider geholt hatte, der nur vorne rumgestanden ist. Es war die falsche Position für mich. Ich war Stürmer, durch und durch. Saftig hatte auch nicht mehr auf mich gesetzt und gab mir keinen neuen Vertrag. Er ging dann nach Bochum, aber ich hatte schon in Stuttgart unterschrieben. Dort hat es mir aber überhaupt nicht gefallen. Die Schwaben sind ein ganz eigener Schlag Menschen. Wir bekamen keinen Kontakt und ich wurde sogar in den Spielen oft geschnitten. Aber Stuttgart war da auch die Ausnahme, da es mir sonst überall ganz gut gefiel. Ich bin selbst Duisburger und wäre dort gerne geblieben, aber es war auch schön die anderen Städte und Menschen kennenzulernen.
 
Gibt es Spiele oder Szenen, die Ihnen immer noch besonders gut im Gedächtnis sind?
Gegen die Bayern habe ich aus 25 Metern den 2:1-Siegtreffer erzielt. Jean-Marie Pfaff stand im Tor. Solche Tore gegen die Bayern bleiben natürlich hängen. Genau wie ein Tor gegen den Karlsruher SC. Dabei habe ich mir fast den Rücken gebrochen. Ich wurde Dritter beim Tor des Monats hinter Jürgen Klinsmann mit seinem legendären Fallrückziehertor.


In welchen Stadien haben Sie am liebsten gespielt und gab es Stadien, die Sie nicht mochten?
Die reinen Fußballstadien waren toll. Dort wo die Kulisse ganz nah am Platz war. Ich hätte gerne auch in England und den tollen Stadien dort gespielt. Das Berliner Olympiastadion hingegen war nicht so toll, weil es diese riesige Aschenbahn um den Platz hatte.
 

Sie hatten Trainer wie Horst Köppel, Karlheinz Feldkamp oder Rudi Gutendorf. Wen würden Sie als Ihren besten Trainer bezeichnen?
Am meisten mitgenommen habe ich von Horst Köppel. Ein ganz feiner Kerl. Uwe Kliemann war auch gut, immer sehr direkt. Zobel war auch ok. Feldkamp hatte sehr viel Glück, war aber ein sehr eigenartiger Typ. Er war sehr eitel und unberechenbar. An manchen Tagen gab er uns Ausgang, um uns dann am nächsten Tag zum Konditionstraining zu bitten.
 

Stehen Sie noch mit ehemaligen Mannschaftskameraden in Kontakt oder haben sich gar Freundschaften entwickelt, die Sie heute noch pflegen?
Eher weniger, man sieht sich manchmal, vor allem, weil ich hin und wieder noch ins Stadion nach Duisburg gehe.
 
Zum Abschluss würde ich Ihnen gerne einige Namen ehemaliger Weggefährten nennen und Sie darum bitten in aller Kürze aufgrund persönlicher Erfahrungen etwas zu ihnen zu sagen.
Bernard Dietz: Ein sehr, sehr umgänglicher Kerl. Ein richtiger Kumpel.


Matthias Herget: Der Mattes war ein Eigenbrötler. Ein guter Spieler, aber kein Teamplayer. Er war lieber für sich.


Ewald Lienen: Mit ihm habe ich mir das Zimmer geteilt. Er hatte immer die Schrotmühle angeworfen für seine Körner. Er musste immer so gesund essen. Er ist ein guter Kerl, hatte aber schon die ein oder andere komische Ansicht.


Andreas Köpke: Mit ihm habe ich auch privat sehr viel Zeit verbracht. Ein echter Pfundskerl. Heute haben wir kaum noch Kontakt. Wenn man Hilfe brauchte, hat er immer geholfen. Ein ganz feiner Mensch. Ich habe großen Respekt vor dem, was er alles erreicht hat.


Siegfried Reich: Mein damaliger Sturmpartner, für den ich sehr viel gearbeitet habe. Er war auf dem Platz zwar egoistisch, aber ich hatte einen guten Draht zu ihm. Aber auch er war ein Eigenbrötler, der sehr gesteuert von seinem Vater war. Er hat ihm alles abgenommen und so fehlte Siggi ein bisschen die Selbstständigkeit.
 

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