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Interview mit Markus Schupp

"Frankfurter Fans drohten mir, dass ich aus der Nummer nicht lebend herauskomme!"

Markus Schupp spielte über 250-mal in der Bundesliga unter anderem für den 1. FC Kaiserslautern, Bayern München, Eintracht Frankfurt und den HSV. Nach seiner Spielerkarriere blieb er dem Profifußball zunächst als Trainer und Sportdirektor erhalten. Heute ist er nur noch passiv im Fußballgeschäft tätig und hat im österreichischen Graz eine neue Heimat gefunden. In unserem Gespräch erzählt er von alten Weggefährten, knallharten Trainern und den größten Fehlern seiner Karriere.

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von Mario Gailing

Markus Schupp, bevor wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen, möchten wir gerne wissen was du im Anschluss an deine Karriere gemacht hast und heute beruflich machst?
Es folgten knapp zehn Jahre Trainertätigkeiten in Österreich und Deutschland. Danach arbeitete ich als Sportdirektor beim 1. FC Kaiserslautern und dem VfR Aalen, sowie beim SKN St. Pölten. Heute bin ich selbstständig und biete eine exklusive VIP-Kundenveranstaltung beim FC Bayern München an. Sie beinhaltet u.a. ein hochwertiges VIP-Package, sowie ein MEET & GREET mit Legenden des FC Bayern. Außerdem arbeite ich im Vertrieb der Firma Jokerarea. Wir bieten ein wetterfestes Infrarot Heiz-und Kühlmodul für den Sportbereich an, das gleichzeitig als Werbebande für Partner der Vereine eingesetzt wird. Die Spieler auf der Ersatzbank sind bei kalten Jahreszeiten durch die individuell steuerbare Wärme physiologisch auf einen Einsatz bestens vorbereitet. Dazu kann der Verein die integrierte Werbebande an Partner gut vermarkten, weil die TV-Präsenz der Ersatzbank nachweislich hoch ist. 

Gehst du auch in deiner Freizeit noch ins Stadion? 
Ich bin bei so gut wie jedem Heimspiel, allein durch meine Kundenveranstaltungen beim FC Bayern, ab und an auch noch bei Sturm Graz. Allerdings verbringe ich meine Freizeit heute lieber mit meiner Familie.

Wo hat es dir als Spieler in deiner Karriere am meisten Spaß gemacht? Welche Stadt hat dir am besten gefallen?
Beim FCK, weil es mein erster Verein als Profi und auch meine Heimat war und beim FC Bayern. Die schönste Stadt war trotz München eindeutig Hamburg. Auch wegen der angenehmen Menschen, die gar nicht so distanziert sind, wie es immer heißt. Aber seit nunmehr 22 Jahren ist Graz für mich die schönste Stadt und meine Heimat geworden.

Gibt es Spiele oder Szenen, die dir immer noch besonders gut im Gedächtnis sind?
Das sind vor allem das DFB-Pokalspiel mit Bayern gegen Vestenbergsgreuth, dass mit 0:1 verloren ging und Thomas Helmer´s Phantomtor gegen Nürnberg 1994, sowie mein erstes Tor im ersten Spiel für den FC Bayern per Kopf gegen Uerdingen nach Flanke von Jorginho. 

Ich kann mich an einen 30 Meter-Hammer im FCK-Trikot in der Nachspielzeit beim 2:2 in Leverkusen erinnern, genauso an ein Tor für Frankfurt gegen den BVB oder auch an das 6:2 in Köln, als du mit dem FCK Meister wurdest. Alles tolle Tore, welches war deiner Meinung nach das schönste deiner Tore?
Das Tor mit Frankfurt gegen Dortmund und das Tor aus 30 Metern in Leverkusen mit dem FCK waren schon wirklich schöne Tore. Rüdiger Vollborn im Leverkusener Tor sah den Ball erst sehr spät und konnte nicht mehr reagieren.

Stehst du noch mit ehemaligen Mannschaftskameraden in Kontakt oder haben sich gar Freundschaften entwickelt, die du heute noch pflegst?
Ja, mit Hans-Werner Moser pflege ich häufigen Kontakt. Wir kamen damals zusammen aus der FCK-Jugend und wurden die Zwillinge genannt. Hin und wieder bin ich auch noch in Kontakt mit Frank Hartmann, Gerry Ehrmann und Herbert Hoos. Als Sportdirektor hatte ich öfter mit Miro Kadlec zu tun und durch die Legendenmannschaft vom FCB immer noch mit Pflügler, Kreuzer, Wouters, Elber, Makaay und vielen mehr, mit denen ich im Dezember 2019 noch in Brasilien bei einem Legendenturnier spielte.

Du wurdest Deutscher Meister und Pokalsieger, hast Champions League gespielt und Titel in Österreich geholt. Warum hat es mit der großen Cheftrainerkarriere nicht geklappt?
Mit Burghausen als Trainer damals in der zweiten Bundesliga zu spielen und die Klasse Jahr für Jahr zu halten waren für mich und den Verein sehr erfolgreiche Jahre, wie man aktuell sehen kann. Genauso auch beim HSV, wo ich als Co-Trainer von Huub Stevens arbeitete und wir den Verein am 19.Spieltag übernahmen und ihn vom 18. Tabellenplatz auf den 7. Rang geführt haben. Darüber hinaus wurden wir im Jahr darauf Tabellenvierter und qualifizierten uns direkt für die Gruppenphase der Europa League. Heute spielt der HSV in der 2. Liga.

Verfolgst du den Weg deiner ehemaligen Vereine noch?
Ja, ich schaue mir die Ergebnisse an und gelegentlich Spiele im TV.

In der Saison 1989/90 kam Kalli Feldkamp für Gerd Roggensack zum FCK und rettete diesen erst vorm Abstieg, machte ihn zum DFB-Pokalsieger, ein Jahr später sensationell zum Deutschen Meister und etablierte den Club in der Bundesligaspitze. War das hauptsächlich der Verdienst vom Trainer?
Auf jeden Fall. Gerd Roggensack war ein Freund der Spieler, ein Kumpeltyp. Bei Feldkamp standen die Spieler stattdessen stramm und waren brutal fit. Absolute Disziplin. Er hat uns bei seinem ersten Training vor unseren Fans im Stadion dermaßen gefordert, dass uns das Lachen verging. Er hat viel für die Kameradschaft getan und seine Frau sorgte dafür, dass es den Spielerfrauen gut ging. Stefan Kuntz hat als verlängerter Arm vom Trainer viele gemeinsame Treffen organisiert, welche die Kameradschaft stärkten.

Welcher deiner Trainer hat am meisten Eindruck hinterlassen? 
Beckenbauer und Trapattoni natürlich als Persönlichkeiten. Auch Feldkamp. Ivica Osim bei Sturm Graz war überragend. Auch meine Förderer Bongartz und Diehl in Kaiserslautern und Heinz Spät, der mich in Nahbollenbach gefördert hat, bevor ich den Sprung in die Jugendabteilung des FCK gewagt habe.

Gab es Mitspieler, die dich besonders beeindruckt haben? 
Ja, natürlich. Ein Lothar Matthäus, Jorginho, Oliver Kahn oder Mehmet Scholl bei Bayern. Auch Andi Brehme, Miroslav Kadlec oder Gerry Ehrmann beim FCK.

Hattest du ein Vorbild als Spieler?
Mein Vorbild in der Jugend war Rainer Bonhof.

Du hast mit Spielern wie Wolfram Wuttke, Lothar Matthäus oder Oliver Kahn zusammengespielt. Gibt es Geschichten, an die du dich noch gerne zurückerinnerst?
Mit Wutti gab es fast täglich solche Geschichten. Ihm war egal was andere über ihn dachten. Er brachte damals häufig seinen Sohn mit zum Training und auch in die Kabine. Der Kleine war seinem Papa sehr ähnlich und zeigte uns Spielern auch mal den Mittelfinger, wenn wir Sprüche machten.

In Kaiserslautern war es früher ganz normal, dass man große Teile der Mannschaft gemeinsam in der Stadt gesehen hat? War das nur beim FCK so oder gab es damals im Gegensatz zu heute einfach einen besseren Zusammenhalt, eine bessere Kameradschaft in einer Mannschaft? 
Ich glaube, dass sich diese Dinge u.a. durch den höheren Anteil an ausländischen Spielern und durch die sozialen Medien verändert haben. In Kaiserslautern ging ein Großteil der Mannschaft fast täglich gemeinsam zum Mittagessen. Auch wurde wie schon erwähnt vieles gemeinsam unternommen. Das war damals ein Faustpfand beim FCK. Diese Kameradschaft wurde nur noch in Graz getoppt. Dort brachte Trainer Ivica Osim mehr als einmal eine Jausenplatte nach dem Training in die Kabine und niemand ging nach Hause. 

Wer war dein trinkfestester Weggefährte in deiner Karriere?
Mein trinkfestester Trainer war Klaus Augenthaler. Als trinkfester Spieler fällt mir als erstes Wolfram Wuttke ein. Der trank gerne seine Weinschorle im Bad Dürkheimer Weinfass. Nach dem Training, während die meisten Spieler sich eine Apfelsaftschorle genehmigten, steckte sich Wutti erstmal eine Zigarette an und trank ein Bier oder eine Weinschorle.

Ist es dir schwergefallen vom einen auf den anderen Tag von der großen Fußballbühne zu steigen?
Das war tatsächlich gar nicht so einfach. Man hatte den besten Job der Welt, verdiente gutes Geld und hatte damals viel Freizeit. Aber ich wollte den Absprung nicht verpassen und beendete meine Karriere auf höchstem Niveau. Danach als Jugendtrainer bei Sturm Graz war das anders. Da waren die Tage deutlich länger. Ich holte die Spieler im Bus von der Schule ab und brachte danach alle wieder nach Hause, bereitete Trainingseinheiten vor und kümmerte mich um alles. Da hatte man dann plötzlich eine ganz andere Verantwortung. 

Glaubst du, dass du in deiner Karriere alles richtig gemacht hast oder gab es Dinge, die du heute anders machen würdest?
Ich würde heute einiges anders machen. Mein größter Fehler in meiner Karriere war sicherlich der Weggang vom FC Bayern. Uli Hoeneß bot mir einen neuen Zweijahresvertrag an, sagte mir aber auch, dass Otto Rehhagel als neuer Trainer eher auf Neuzugänge wie Andreas Herzog, Sforza oder Strunz baue. Da habe ich zu wenig an mich geglaubt und die Flinte ins Korn geworfen. Ich ging zu Eintracht Frankfurt und stieg mit einer namhaft stark besetzten Frankfurter Eintracht ab. Wir sind leider nie eine Mannschaft geworden. Es war schlimm. Fans haben mich damals bedroht und mir zugerufen, dass ich aus der Nummer nicht lebend herauskomme. Ein weiterer Fehler war die öffentliche Kritik an Felix Magath 1997 beim HSV. Ich stehe heute noch zu den Inhalten, aber ich hätte dieses Thema intern ansprechen müssen.

Uli Hoeneß polarisierte als Manager und Präsident des FC Bayern. Wie hast du ihn in deiner Zeit beim FC Bayern kennen gelernt?
Ich kann nur positives über ihn sagen. Als Manager war er sehr nah an der Mannschaft. Er saß mit auf der Bank und im Mannschaftsbus und ich habe bis heute größten Respekt vor ihm. Er vergisst niemanden und wenn man als ehemaliger Bayern-Spieler Hilfe braucht, dann kümmert man sich beim FCB darum. 

Wer war dein unbequemster Gegenspieler?
Da gab es viele. Unter Kalli Feldkamp waren in jedem Training alle Gegenspieler unbequem. Er machte uns richtig heiß. Gerry Ehrmann schlitzte Marco Haber sogar beim „5 gegen 2“ mit einer Blutgrätsche das gesamte Schienbein auf. Wer dann das Training die Woche über schadlos überstanden hatte, hat es so gut wie in die erste Elf geschafft. Jedes Training machte einen härter. 

Du hast große Champions League-Momente erlebt. Wie fühlt es sich an, wenn man im Hexenkessel von Celtic Glasgow das vorentscheidende 2:0 für den HSV erzielt?
Das war überragend. Das Stadion von Celtic ist wunderschön und es war schon vor dem Spiel so laut, dass man auf dem Spielfeld kein Wort verstehen konnte. Der Lärm den die Celtic-Fans verursacht haben war fast schmerzhaft. Ich hatte das Gefühl mir platzen die Ohren. 

Wie denkt man als Profifußballer über die Fans? Interessiert man sich überhaupt für sie? Nimmt man die Stimmung richtig wahr?
Natürlich. Die Stimmung ist extrem wichtig. Positiv wie negativ. Wenn die Fans zufrieden sind und sie die Mannschaft anfeuern hilft das ungemein. 

Du bist 1991 als Stammspieler der Lauterer Meistermannschaft zur „grauen Maus“ nach Wattenscheid gewechselt. Abstiegskampf statt Champions League. Ich als glühender FCK-Fan habe diesen Wechsel nicht verstanden. Kannst du heute etwas Licht in mein Dunkel bringen?
Nach sechs Jahren beim FCK und dem absoluten Höhepunkt mit der gewonnenen Meisterschaft wurde es Zeit für eine Luftveränderung. Hannes Bongartz, mein Förderer in ganz jungen Jahren beim FCK war inzwischen Trainer bei Wattenscheid 09, was meine Entscheidung erleichterte. Ich hatte die Hoffnung durch einen Schritt, den ich zurück ging, zwei Schritte nach vorne zu kommen. In Wattenscheid konnte ich mich mehr in den Mittelpunkt spielen, da die Mannschaft nicht so stark besetzt war wie beim FCK. Letztendlich ging mein Plan auf, da ich nach meiner Zeit bei Wattenscheid zum FC Bayern wechselte. Borussia Dortmund, Leverkusen und Schalke wollten mich verpflichten. Ich hatte damals Schalke schon eine mündliche Zusage gegeben, als mein Berater mich anrief und sagte, dass Uli Hoeneß sich gemeldet habe. Auch wenn es schwierig war Schalke wieder abzusagen, bin ich zum FC Bayern gewechselt. Günter Netzer, damals kurzzeitig Manager bei Schalke 04 schrie wie von Sinnen ins Telefon, als ich ihm wieder absagte.

Spielerstationen
1984 - 1991 1. FC Kaiserslautern     -     DFB-Pokalsieger 1990, Deutscher Meister 1991
1991 - 1992 SG Wattenscheid 09
1992 - 1995 FC Bayern München     -     Deutscher Meister 1994
1995 - 1996 Eintracht Frankfurt
1996 - 1997 Hamburger SV
1997            FC Basel
1997 - 2001 SK Strum Graz              -     Österreichischer Meister 1998 + 1999, ÖFB-Cupsieger 1999

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