Besuche auch unsere Facebook-Seite mit vielen Bildern, Videos und Berichten von früher!

Interview mit Eberhard Carl

„Eberrrrharrrd. Du siiiitzt heite auf die Tribüne.“
Eberhard Carl machte fast 300 Profispiele für den Karlsruher SC und die Stuttgarter Kickers. Er war Teil des Wunders vom Wildpark. Von dem 7:0 gegen Valencia im November 1993 erzählte uns Ebse Carl genauso, wie von seinem ehemaligen Trainer Dragoslav Stepanovic und davon, wer ihn früher schwindelig gespielt hat.

Teilen

von Mario Gailing
Eberhard Carl, bevor wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen, möchten wir gerne wissen was Sie im Anschluss an Ihre Karriere machten und heute beruflich machen?
Ich war 16 Jahre Trainer im Amateurbereich und arbeitete parallel dazu seit 20 Jahren bei der Sparkasse Pforzheim Calw im Bereich Betriebssport, wo ich mich um die Belange von 1800 Mitarbeitern kümmere. Vor drei Jahren kam ich dann zum Landratsamt Calw, wo ich mich als sogenannter Integrationsmanager (60% Stelle) auch um geflüchtete Kinder und Jugendliche kümmere. Unter anderem bin ich dabei behilflich diese jungen Menschen dem Vereinsleben näher zu bringen und begleite auch Schul-AGs. 

Kommen wir zu Ihrer Karriere. Gibt es Spiele oder Szenen, die Ihnen immer noch besonders gut im Gedächtnis sind?
Da ist natürlich das legendäre 7:0 gegen Valencia mit dem KSC im UEFA-Cup noch immer präsent, genauso wie einige meiner Tore, vor allem die gegen den FC Bayern.

Stehen Sie noch mit ehemaligen Mannschaftskameraden in Kontakt oder haben sich gar Freundschaften entwickelt, die sie heute noch pflegen?
Mit Gunther Metz verbindet mich bis heute eine sehr gute Freundschaft. Wir besuchen uns auch gegenseitig mit unseren Familien. Er wohnt in Rheinland-Pfalz und ich wohne im Schwarzwald. Aber trotz der großen Entfernung sehen wir uns regelmäßig. Außerdem sieht man die alten Kollegen auch bei Spielen der Traditionsmannschaft des KSC.

Sie haben nationale und internationale Erfahrung in weit über 250 Profispielen gesammelt. Wäre mit dieser Erfahrung nicht eine Trainerkarriere die logische Konsequenz gewesen?
Ich habe die Trainer A-Lizenz erworben und im Amateurbereich einige Mannschaften betreut. Mir war es aber wichtiger mich in einem soliden Job zu etablieren, was mir direkt im Anschluss an meine Spielerkarriere durch die Stelle bei der Sparkasse Pforzheim Calw auch gelungen ist.

Sie waren Teil des Wunders vom Wildpark beim legendären 7:0 gegen den FC Valencia nach einer 1:3-Niederlage im Hinspiel. Erzählen Sie uns doch bitte kurz von dieser magischen Nacht.
Das war sensationell. Die ganze Region hat mitgefiebert. Viele glaubten nicht mehr an uns nach dem Hinspiel, aber wir hatten so eine geile Mannschaft, dass wir wussten was zu Hause noch alles möglich war. Wir haben nach dem Sieg bis morgens gefeiert. Diese Truppe war einfach toll und hat sich selbst organisiert und diszipliniert. Nur wenige Tage später spielten wir gegen den MSV Duisburg und jeder sagte, dass die Mannschaft zu heftig gefeiert habe, um erfolgreich zu sein. Unsere Antwort darauf war ein 5:0-Sieg.

Nachdem internationale Hochkaräter wie Eindhoven, Valencia und Bordeaux auf dem Weg ins Halbfinale ausgeschaltet wurden, scheiterte der KSC im Halbfinale an Casino Salzburg. War man sich seiner Sache schon zu sicher?
Wir mussten im Halbfinale viele verletzte Spieler ersetzen und konnten nicht alle kompensieren. Ich selbst fiel mit einem Faserriss aus. Trotzdem war es ein tolles Erlebnis und für den KSC etwas ganz Besonderes.

Am letzten Spieltag dieser Saison verspielte man dann auch noch die sicher geglaubte erneute Teilnahme am UEFA-Cup mit einer 1:5-Niederlage gegen den schon feststehenden Absteiger aus Wattenscheid. Wie ging die Mannschaft damit um, dass man am Ende einer eigentlich erfolgreichen Saison mit leeren Händen dastand?
Wir sind damals im Anschluss mit dem Team nach Sardinien geflogen. Die Reise war gebucht und es hat im Vorfeld auch niemand daran gezweifelt, dass wir die Teilnahme am UEFA-Cup noch aus der Hand geben. Da gab es schon eine kleine Krise und einige Spieler mussten den Verein verlassen. Das war nicht so einfach. Es ist auch nicht so, dass wir unkonzentriert in Wattenscheid gewesen wären. Wattenscheid hatte nichts mehr zu verlieren und dann gibt es solche Spiele einfach.

Sie kamen bei der 0:1 Niederlage im DFB-Pokalendspiel 1996 gegen den 1. FC Kaiserslautern erst kurz vor Schluss zum Einsatz. Wie enttäuscht ist man als Spieler, wenn man in so einem Karriere-Highlight nicht von Beginn an dabei sein darf?
Da war ich sehr enttäuscht. Wir haben ein wirklich schwaches Spiel abgeliefert und man sitzt draußen und guckt sich das an. Die Vorbereitung auf dieses Spiel war schon viel zu locker und wir waren uns zu sicher, dass es gegen den Absteiger aus Kaiserslautern reichen würde. Das Kribbeln hat gefehlt und unsere Einstellung war nicht zu 100% professionell für so ein wichtiges Spiel.

Welcher Ihrer Trainer hat am meisten Eindruck hinterlassen? 
Acht Jahre erste Bundesliga mit Winnie Schäfer haben mich schon geprägt. Ich habe mit ihm Höhen und Tiefen erlebt, am Ende waren es 250 Pflichtspiele unter ihm. Winnie hatte auch ein Herz für die Familie! 
Menschlich war das Wolfgang Wolf, der mich bei den Stuttgarter Kickers trainiert hat. Ein wirklich toller Kerl. Am Ende meiner Karriere hatte ich auch noch das Vergnügen mit Dragoslav Stepanovic. Ein cooler, aber auch ganz eigener Kerl. Mein Vertrag hätte sich bei 17 Einsätzen um ein weiteres Jahr verlängert, aber nach 16 Einsätzen stellte er mich einfach nicht mehr auf. Mit seinem jugoslawischen Akzent sagte er mir dann Woche für Woche: „Eberrrrharrrd. Du siiiitzt heite auf die Tribüne.“

Gab es einen Mitspieler, der Sie beeindruckt hat? 
Sergej Kiriakov mit seiner Leichtfüßigkeit hat mich beeindruckt. Er war ein richtiges Schlitzohr. Und Wolfgang Rolff war überragend. Er war morgens eine Stunde vor allen anderen in der Kabine und der letzte, der nach Hause ging. Er war eine absolute Führungspersönlichkeit.

Gab es ein Vorbild für Sie als Spieler?
Ganz früher war das Rudi Völler.

Sie haben mit Stars wie Oliver Kahn, Mehmet Scholl oder Thomas Häßler zusammengespielt. Gibt es Geschichten an die Sie sich noch besonders gerne zurückerinnern?
Beim KSC sind wir sonntags morgens immer mit ganz vielen Spielern zusammengesessen. Da ging es erst in die Sauna und dann genehmigten wir uns ein paar Weizenbiere. Der Trainer hat uns das auch immer genehmigt. Auch nach Niederlagen. Es herrschte eine tolle Kameradschaft.

Heute sitzen Spieler mit Kopfhörer und Smartphone im Mannschaftsbus und wechseln deutlich häufiger den Verein. Gab es damals einen besseren Zusammenhalt, eine bessere Kameradschaft in einer Mannschaft?
Es wurde früher mehr miteinander geredet, weil es diese ganzen Möglichkeiten von heute auch gar nicht gab. Wir spielten im Bus Karten. Heute machen viele so ein bisschen ihr eigenes Ding. 

Sie haben acht Jahre beim KSC gespielt. Warum blieben die meisten Spieler früher ihren Vereinen so lange treu, bzw. warum ist das heute so selten?
Heute fließen viel höhere und damit interessantere Ablösen und die Berater möchten ja auch etwas verdienen. Aber Spaß beiseite. Ich hatte damals auch Angebote vom HSV und 1860 München, blieb aber letztendlich doch über viele Jahre in Karlsruhe.

Ist es Ihnen schwergefallen vom einen auf den anderen Tag von der großen Fußballbühne zu steigen?
Überhaupt nicht. Mir fehlte wirklich gar nichts. Endlich hatte ich viel mehr Zeit für Familie und andere Dinge, die vorher zu kurz kamen.

Glauben Sie, dass Sie in Ihrer Karriere alles richtig gemacht haben oder gab es Dinge, die Sie heute anders machen würden?
Natürlich macht man nicht immer alles richtig, aber ich muss sagen, dass ich zufrieden damit bin wie alles gekommen ist. Im Nachhinein wäre ich allerdings gerne mal ins Ausland gewechselt.

Wer war Ihr unbequemster Gegenspieler?
Gegen Ludwig „Wiggerl“ Kögl zu spielen war immer ein Drama. Der hat mich schwindelig gespielt.

Wie wichtig ist eine gute Stimmung im Stadion? Nimmt man sie als Spieler bewusst wahr und beeinflusst sie sogar die eigene Leistung?
Ja sicher. Man bekommt alles mit. Negatives wie positives. In Karlsruhe waren das meist positive Dinge. Schon der Empfang beim Aufwärmen war super.

Welches war das schönste Stadion, in dem Sie je gespielt haben? Und gab es Stadien, in denen Sie gar nicht gerne gespielt haben?
In Uerdingen oder Wattenscheid habe ich nicht gerne gespielt. Dortmund hingegen war immer toll. Auch Valencia war richtig schön. Und das Berliner Olympiastadion hatte auch etwas.


Teilen

Share by: